Warum das neue Wolfenstein sich nicht mit seinen Vorgängern messen kann

Was ist schiefgegangen? Waren meine Anforderungen einfach zu hoch? Ist das überhaupt noch ein Wolfenstein? Wer sich auch solche Fragen bei dem eigenen Playthrough gestellt hat oder in zahlreichen Foren lesen konnte, zählt keineswegs zur Minderheit. Wolfenstein Youngblood stieß mit fraglichen Features und gewagten Entscheidungen auf einige Kritik. Sicherlich ist das Spin-off von Wolfenstein II: The New Collossus keine unspielbare Katastrophe, tatsächlich gehört das Gameplay nach wie vor zu den soliden Punkten der Wolfenstein Serie, aber ansonsten werden viele Erwartungen enttäuscht. 

Das Setting

 

Der Held der Vorgänger B.J. Blazkowicz ist älter geworden und hat zwei volljährige Töchter, welche den Anschein erwecken in die Fußstapfen des Vaters treten zu wollen. In die Haut einer dieser Töchter, Jess oder Soph schlüpfen wir wahlweise mit einem Kumpanen oder einer KI. Soweit so unspektakulär, aber als dann ihr Vater plötzlich verschwindet, machen sie sich auf die Suche nach ihm und landen in der Stadt der Liebe, welche unter Nazibesatzung zur Stadt des Terrors wurde: Paris. 

Dort treffen die Mädchen auf die französische Untergrundbewegung, welche sich (sehr passend) in den Katakomben Paris aufhält. Was sich wie eine klassische Operationsbasis präsentiert, wird jedoch schnell zu einem der nervigsten „Feature“ des Spiels. 

Das Grindfest

 

Denn anstatt ansprechender Storyelemente und tiefgehender Charaktere, erwartet uns hier ein schlichtes Questfiasko. Das ist richtig anstatt einer glorreichen Singelplayer Story aus dem Hause Wolfenstein erwarten uns stumpfe und repetitive Quests in der vormaligen Stadt der Liebe. Dabei ist das Ziel uns wie in einem 0815 MMO mit Sidequests hochzuleveln, um dann für die Bosskämpfe vorbereitet zu sein. Bei diesem System geht aber leider nicht nur die Charakterbindung die in den Vorgängern noch so wichtig war verloren (sind ja schließlich nur hirnlose Questgeber), sondern auch das Gameplay fadet aus bis hin zur Pappsuppe.

Schon wieder das Level?

 

Denn für unsere ach so tollen Nebenquests (welche übrigens auf die Hauptstory keinerlei Einfluss haben) schicken uns die NPCs in Youngblood immer und immer wieder in die gleichen Areale mit den selben Gegnern. Ob wir dann in die Nord oder West Ecke dackeln müssen ist ziemlich egal, das Level-Layout bleibt schließlich gleich. Gerade der Startpunkt der Level, ein Metroausgang, variiert nicht im geringsten und ebenso wenig die auf uns wartenden Regime Soldaten. Nachdem wir also zum dritten Mal einen „wichtigen“ Aktenkoffer beschaffen sollten, werden die Gegner einfach links liegen gelassen, anstatt sie zu bekämpfen. Und wofür das alles? Um uns nach dem fleißigen Hochleveln den drei „Brüdern“ stellen zu können, welche von drei großen Türmen aus die Bereiche von Paris beherrschen. Wir grinden uns also hoch, um das Spiel beenden zu können. Das ist weder spaßig noch motivierend.

Solide Kämpfe, schwache Charaktere

 

Spaß kann man in Wolfenstein Youngblood aber trotzdem haben, jedenfalls solange man es nicht zu sehr mit dem Vorgänger vergleicht. Denn was einfach nur hirnloses Schnetzeln, verbessern von übertriebenen Waffen und glorreiche Multikills angeht, so kann sich die Serie wie gewöhnlich sehen lassen. Die Kämpfe spielen sich flott und flüssig, die Gegner sind relativ anspruchsvoll. Dank einem neuen Gameplayelement müssen wir auch mal unseren Kopf einsetzen, denn die Nazi Soldaten verfügen nun über spezielle Rüstungstypen, welche am effektivsten mit der richtigen Waffe durchdrungen werden. So können wir den „Schrotsoldaten“ lange mit unserer Uzi befeuern, solange wir nicht das Sturmgewehr auspacken ist das unnötige Munitionsverschwendung. 

Leider stehen die Charaktere sehr im Kontrast zu dem spaßigen Gameplay. So wurde aus den lebendigen NPCs der Vorgänger ein lahmer Einheitsbrei aus Questgebern geformt, welche keinerlei Verbindung zu den Protagonistinnen aufbauen. Doch nicht nur die Nebenfiguren stellen ein Problem dar, gerade „Jess“ und „Soph“ haben mich wieder und wieder in den Wahnsinn getrieben. Ihre Charaktere konnte ich einfach nicht ernst nehmen, sie stellen eine Mischung aus pubertierenden Jugendlichen und waffentragenden Möchtegernen dar. Die Sprüche sind kindisch, die „Streiche“, welche sie sich in Aufzügen spielen, einfach nur peinlich und ihre Gesten (Daumen hoch für 50 Leben) wirken völlig vom Kern des Spiels losgelöst. Wolfenstein lebte von einer Kombination aus Comedy und Ernsthaftigkeit, die Schwestern sind einfach nur noch lächerlich.

Co-op Top oder Flop?

Das große neue Feature von Wolfenstein Youngblood stellt der Co-op Modus dar, wodurch die Entscheidung zwei Protagonisten zu haben, auch mehr Sinn ergibt. Umgesetzt ist der Modus nicht schlecht, aber auch nicht besonders befriedigend. Natürlich macht es mehr Spaß sich mit einem Kumpel durch Nazi Horden zu ballern. Aber die tatsächlichen Funktionen, welche einen zweiten Spieler erfordern wirken eher lieblos implementiert. So müssen zu zweit speziale Kisten öffnen, Türen aufstemmen oder auf Knöpfe drücken. Das wirkt meistens eher aufgesetzt, anstatt tatsächlich notwendig. Wiederbelebungen und die Möglichkeit für den Partner Gegner zu markieren, stellt sich allerdings als ziemlich nützlich heraus. Nervig wird es jedoch im Singelplayer Modus, denn dort wird uns eine KI zur Seite gestellt, die oftmals auch für Frust sorgt. Verfängt sie sich nämlich in der Botanik oder den Gegnermassen und stirbt, so müssen wir sie wiederbeleben ansonsten sterben auch wir. Das kann sehr nervig werden und ist gerade in den Bosskämpfen ein echtes Hindernis.

Mochten wir:

Mochten wir nicht:

Wolfenstein Youngblood kann sich einfach nicht mit seinen Vorgängern messen, die Charaktere sind langweilig, die Level repetitiv und die Story nicht einmal ansatzweise so mitreißend wie bei Wolfenstein 2. Wer allerdings auf stumpfe Aktion steht findet in dem Spin-Off der Serie das klassische Actionpaket, für das die Wolfenstein Spiele so bekannt sind. Auch bietet der Co-op Modus neue interessante Möglichkeiten und erlaubt erstmals zu zweit auf Nazi Jagd zu gehen. Gut ist das Spiel trotzdem nicht, aber immerhin auch keine Katastrophe.Wertung:

6/10

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